Diskursprogramm MedienKunstTage NRW 2025
Dortmund
Fr, 24.10.2025 – SA, 25.10.2025
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Freitag, 24.10.2025
11.30 – 13.00h, HMKV im Dortmunder U, Ebene 3
Live-Podcast: Behind the Screens, Behind the Scenes
Mit: mit den Medienkunstfellows Nadja Buttendorf, Claude Jansen, Paula Maya Strunden, SOAP
(Bettina Katja Lange & Uwe Brunner), Manuel Talarico | Moderation: Sophie Emelie Beha
Zum Auftakt der MedienKunstTage NRW 2025 steht direkt die Kunst im Mittelpunkt. Im Live-Podcast Behind the Screens, Behind the Scenes – moderiert und produziert von Sophie Emilie Beha – gehen wir der Fragen nach, wie Medienkunst in NRW heute Zukunft denkt, erforscht und erfahrbar macht.
Passend zum Motto „More Future!“ erkundet der Programmpunkt, welche künstlerischen, technologischen und gesellschaftlichen Impulse in der Medienkunstszene Nordrhein-Westfalens präsent sind. Im Zentrum stehen die aktuellen Projekte aus dem Förderprogramm Medienkunstfellows des Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, das vom Büro medienwerk.nrw betreut wird.
Sie zeigen, wie künstlerische Forschung an den Schnittstellen von Kunst, Technologie und Wissen neue Zukunftsräume öffnet – jenseits ökonomischer und dystopischer Erzählungen.
Die Medienkunstfellows 2025 beleuchten dabei ein breites Spektrum an Themen: Paula Maya Strunden erforscht in a Wing that was a Hand an der KHM Köln die Erfahrung nicht-menschlicher Perspektiven in Extended Reality. SOAP (Bettina Katja Lange und Uwe Brunner) untersuchen mit I Feel You an der Akademie für Theater und Digitalität in Dortmund Formen digitaler Intimität und Vertrauen. Claude Jansen entfaltet mit Bones & Drums am Theater im Depot Dortmund einen performativen Dialog zwischen spirituellen und digitalen Medien. Nadja Buttendorf spekuliert in rosie & co beim HMKV Dortmund über alternative technologische Zukünfte jenseits kapitalistischer Logiken. Und Manuel Talarico fragt in You and I are I and You am digitalen Koproduktionslabor/Dortmunder U, ob Deepfake-Technologien Empathie fördern und Identität neu verhandelbar machen können. Der Live-Podcast führt durch diese vielfältige künstlerische Forschung. Behind the Screens, Behind the Scenes wird so zur Eröffnung eines Wochenendes, das der Frage nachgeht, wie sich „mehr Zukunft“ vorstellen, erzählen und gestalten lässt.
Freitag, 24.10.2025
16.15 – 18.00h, HMKV im Dortmunder U, Ebene 3
Paneldiskussion: Unerreichbare Gegenwarten, unvermeidliche Enden
Mit: Jacob Birken, Laura Hille, Anna-Verena Nosthoff, Felix Maschewski | Moderation: Felix Hüttemann
Aktuelle Erzählungen rund um technologische Entwicklungen sind durchzogen von Darstellungen des Unvermeidlichen. Es wird die Erwartung erzeugt, dass Menschen sich anpassen müssen – damit der Arbeitsplatz nicht durch „die KI“ ersetzt wird, damit genug Daten zur Verfügung stehen um die Probleme der Welt erfassen und lösen zu können, damit uns eine goldene, besiegelte Zukunft erreichen kann, die bereits von den großen Akteuren auf dem Feld der Technologie in Gang gesetzt ist. In der öffentlichen Wahrnehmung sind diese Akteure immer stärker einzelne, sehr reiche Menschen, die an einer oder mehreren Tech-Firmen beteiligt sind.
Das Panel untersucht diese aktuellen Gegenwarten, die in spannungsvoller Beziehung zueinanderstehen: Da sind AI-Slop und postapokalyptische Computerspielwelten, deren Erzeugung mit ihrem extraktivistische Ressourcenverbrauch in Produktion und Nutzung an der Verheerung mitarbeiten. Da ist die Entwicklung hin zu autoritären Organisationsformen, die Hoffnung einer unregulierten Beschleunigung der KI-Entwicklung und der Gedanke eines Longtermism, der für die glorreiche Zukunft von Billionen von Menschen bereit ist, alle heutigen Errungenschaften zu schleifen.
Jacob Birken, Laura Hille, Anna-Verena Nosthoff und Felix Maschewski betrachten diese Phänomene der These folgend, dass klar und sichtbar gemacht werden muss, was in der Gegenwart die Denkmöglichkeiten über positive Zukünfte für möglichst viele Menschen einengt und welche Entwicklungen dringend enden müssen – damit neuer Raum entsteht, um über andere, nicht apokalyptische und nihilistische Ideen für die Zukunft nachzudenken.
Jacob Birken ist Kulturhistoriker und arbeitet zu geschichtsphilosophischen und medientheoretischen Themen. Er hat u.a. zu unterschiedlichen Formen digitaler Bildern, zu Naturkatastrophen sowie anderen Ausnahmezuständen veröffentlicht und forscht aktuell zu den frühen USA als Möglichkeitsraum. Laura Hille ist Soziologin und Medienwissenschaftlerin, sie beschäftigt sich in ihren Texten u.a. mit dem Verhältnis von Mensch und Maschine, Machtverhältnissen in unserem digitalen Alltag und den dystopischen und utopischen Zukunftsvisionen des Silicon Valley. Sie ist u.a. zusammen mit Anna-Verena Nosthoff in dem Deutschlandfunkpodcast „Tech Bro Topia“ zu hören.
Anna-Verena beschäftigt sich mit Ethik und der Politik der Digitalisierung und schreibt Texte zu Theorien digitaler Regierungskunst, zukunftsfähiger Digitalität, Algorithmen und die Politik der dunklen Aufklärung. Zusammen mit Felix Maschewski beschäftigt sie sich mit Critical Data. Felix ist außerdem Medien- und Literaturwissenschaftler der u.a. über überwachungskapitalistische Biopolitik, den plattformökonomischen Infrastrukturwandel und die Digitalpolitik der Oligarchien Texte verfasst hat.
Moderiert wird das Panel von Felix Hüttemann, der über digitale Technologien in Bezug auf unsere Sinneswahrnehmung forscht und Texte geschrieben hat zu Smart Homes, Dandyismus und faschistischem Stil und dem Begehren des ComputerWohnens.
Freitag, 24.10.2025
20.30 – 22.00h, HMKV im Dortmunder U, Ebene 3
Gesprächsrunde: Future Fiction: Sci-Fi für eine bessere Welt
Mit: mit Isabella Hermann & Theresa Hannig | Moderation: Jamie-Lee Campbell
Unser Nachdenken über mögliche Zukünfte ist nicht nur geprägt von unserem Verständnis der Gegenwart – sondern mindestens genauso von aktuellen und vergangenen Erzählungen dazu, wie es sein wird. Oder sein müsste. Oder gerade nicht sein müsste, aber vermutlich wird.
„Science Fiction“ als Genre wie als popkulturelles Phänomen durchzieht in wiederkehrenden Wellen unsere mediale Öffentlichkeit, in Büchern, Filmen, Serien. Die Bandbreite der Themen und Zukunftsvisionen ist riesig. Sci-Fi ist dabei keineswegs neutral, sondern bildet Weltsichten ab, wird als Argumentationshilfe für die Rechtfertigung aktuellen Handelns und als Inspiration für technologische Forschung und technische Produkte herangezogen.
Zwischen dystopischen Warnbildern und techno-utopischen Verheißungen steht die Frage, wie Erzählungen unsere Vorstellung von dem prägen, was möglich – oder eben unmöglich – scheint. Deswegen möchten wir die Narrative untersuchen, die unser Denken über Zukunft bestimmen. Wie verbreiten sie sich – und wie können sie neu erzählt werden?
Dazu treffen sich unter dem Titel Future Fiction: Sci-Fi für eine bessere Welt
die Autorin Theresa Hannig, die Politikwissenschaftlerin Isabella Hermann und die Psychologin Jamie-Lee Campbell zum Gespräch und untersuchen, wie Science Fiction helfen kann, Zukunft wieder zu öffnen: jenseits der Übermacht dystopischer Bilder, die unsere Gegenwart durchdringen. Was passiert, wenn wir anti-dystopisch denken, wenn Zukunft nicht als Katastrophe, sondern als Möglichkeit erzählt wird?
Das Panel bewegt sich von der Dekonstruktion gängiger Zukunftsnarrative hin zur Frage, wie Science-Fiction-Welten entstehen, die das Noch-nicht-Denkbare sichtbar machen. Welche Themen lassen sich in fiktionalen Räumen weiterdenken? Welche Erzählmuster wiederholen sich über Generationen hinweg – und welche gilt es endlich zu durchbrechen?
Im zweiten Teil steht die Wirkung im Vordergrund: Wie werden Sci-Fi-Narrative in unterschiedlichen Kontexten – von Romanen über Podcasts bis zu Workshops – aufgenommen? Welche Geschichten erzeugen Resonanz, Hoffnung oder gar Handlungsimpulse? Und was passiert, wenn Science Fiction als Werkzeug genutzt wird, um Perspektiven zu verschieben – auch bei jenen, die mit dem Genre bislang wenig Berührung hatten? Ein Gespräch über Imagination als Widerstand, über das Schreiben gegen die Dystopie – und über die Frage, welche Geschichten wir jetzt brauchen, um gemeinsam eine bessere Zukunft zu entwerfen.
Samstag, 25.10.2025
16.00 – 17.00h, HMKV im Dortmunder U, Ebene 3
Paneldiskussion: Commons of Today: Open Source Ideen für eine lebenswerte Zukunft
Mit: Ingo Wichmann & Maximilian Voigt | Moderation: Nate Wessalowski
Während sich öffentliche Debatten und Investitionsströme auf wenige, hochkommerzialisierte Technologien konzentrieren – allen voran sogenannte Künstliche Intelligenz –, findet man im Windschatten dieser Entwicklungen andere technologische Visionen: offener, nachhaltiger und gemeinschaftsorientierter. Sie entziehen sich dem Hype, stellen Besitzlogiken infrage und verhandeln die Frage, wie Technologien nicht trotz, sondern durch geteiltes Wissen Zukunft gestalten können.
Das Panel „Commons of Today: Open Source Ideen für eine lebenswerte Zukunft“ widmet sich diesen Technologien jenseits der Schlagzeilen. Im Zentrum stehen Ansätze aus Open Hardware, Open Source Software und Open Access, die nicht nur neue und andere Formen des Produzierens ermöglichen, sondern auch politische und ökologische Perspektiven auf eine geteilte Zukunft eröffnen. Dabei geht es ebenso um die Kritik an digitalen Oligopolen wie um die Frage, welche Rolle Bildung für technologische Souveränität spielen.
Maximilian Voigt (Open Knowledge Foundation Deutschland e. V.) arbeitet an der Schnittstelle von Open Hardware und Open Education. Er ist Mitgründer des Prototype Fund Hardware und engagiert sich als Vorstandsmitglied im Verbund Offener Werkstätten e.V. Sein Fokus liegt auf der Frage, welche Rolle Open Source in einer zirkulären, ressourcenschonenden Gesellschaft einnehmen kann – und wie gemeinschaftliche Werkstätten zu Laboren einer nachhaltigen Zukunft werden.
Ingo Wiechmann, Geschäftsführer des Linuxhotels sowie Vorstandsmitglied der GUUG e. V. und der Open Source Business Alliance – Bundesverband für digitale Souveränität e. V., richtet den Blick auf Open Source Software als Motor einer sozial verträglichen Ökonomie. Seine Perspektive: Geschäftsmodelle, die auf Offenheit statt Exklusivität beruhen, schaffen langfristig mehr Transparenz, Sicherheit und gesellschaftlichen Mehrwert.
Moderiert wird das Gespräch von Nate Wessalowski, Kulturwissenschaftler*in und Forscher*in zu alternativen Datenpraktiken, deren Arbeit feministische Serverkollektive und künstlerische Forschung verbindet.
Samstag, 25.10.2025
18.00 – 19.00h, HMKV im Dortmunder U, Ebene 3
Gesprächsrunde: Commons of Tomorrow: offener gemeinsam Denken, Leben, Arbeiten
Mit: Laurence Rassel & Cornelia Sollfrank. In englischer Sprache.
Für die vorletzte Veranstaltung von „More Future“ wenden wir uns von der Frage der offenen Technologien im engeren Sinne ab und beschäftigen uns mit Fragen zu Technologien für das Zusammenleben. Könnte es einen Weg geben, Konzepte wie Open Source und Open Access nicht nur für digitale Objekte und Zwecke anzuwenden, sondern auch für positive Modelle des Denkens, Lebens und Zusammenarbeitens?
Welche Strukturen und Institutionen – falls überhaupt welche – würden wir dafür benötigen? Wie können das Informelle, die Konversationen und das Sharen, wie sie in Teilen der Kunst praktiziert werden, hier helfen? Können Praktiken der künstlerischen Forschung und selbstorganisierte Räume zu unerwarteten Handlungsmöglichkeiten führen, und in welcher Beziehung stehen sie zu Organisationsprinzipien in Institutionen? Kann es so etwas wie eine Open-Source-Institution geben, die in eine Zukunft führt, in der Richtungen, Methoden und Ideen für ein besseres Leben und Schaffen gemeinsam diskutiert werden, anstatt von außen aufgezwungen zu werden?
Die Direktorin der erg (école de recherche graphique – école supérieure des arts) in Brüssel, Laurence Rassel, die unter anderem als Kuratorin, Lehrende und Organisatorin in den Bereichen Kunst, Medien und Technologie tätig ist, diskutiert diese und andere Fragen mit der renommierten Medien- und Netzkünstlerin, Forscherin und Autorin Cornelia Sollfrank.
Samstag, 25.10.2025
20.00 – 21.30h, HMKV im Dortmunder U, Ebene 3
Lesung und Gespräch: Skyrmionen Oder: A Fucking Army
mit Dietmar Dath | Moderation: Iuditha Balint
Zum Abschluss der MedienKunstTage NRW 2025 gibt uns Autor, Journalist und Übersetzer Dietmar Dath Einblick in seine literarischen Versionen multipler Zukünfte. Im Zentrum der Lesung und des Gesprächs mit Iuditha Balint steht sein neuer Roman „Skyrmionen Oder: A Fucking Army“:
Als Renate Hofer in einen Wassertank stürzt, der die Lüftung eines riesigen Datenspeichers reinigt, hat sie nicht nur Todesangst, sondern auch eine Erleuchtung: Sie wird eine Maschine bauen, wie es noch keine gegeben hat, zur notwendigen Überwindung des Computerzeitalters. Ihr Plan nimmt Form an in der Welt, die wir kennen – eine Pandemie hat gewütet, das Vertrauen zur Sprache schwindet, Geld frisst Gerechtigkeit. Zu seiner Umsetzung rekrutiert Renate die Mutigsten und Schlausten aus Physik und Kunst, aus Sprachforschung und Finanztrickserei, eine ganze Fucking Army: Kerstin Waldmann, Doro Coppe, Xiasong Zhao, Vexus Texas und mehr. Mit ihnen baut sie eine neue Welt aus den winzigen Wirbeln, die so heißen wie dieser Roman: Skyrmionen.
Thriller, Wunderkabinett und Reise ins Unbekannte, so figurenreich und handlungsstark wie eine futuristische Serie: Skyrmionen fragt uns, wie wir fortgeschrittene Technik für eine bessere Weltgesellschaft befreien können.



